Manfred Ach
DAS HIMMELSALPHABET

ISBN3-921513-90-1,72 Gedichte, Umschlaggrafik: Ugo Dossi, ARW, Nada-Edition 6, 1. Auflage München 1989, 96 S., EUR 9.-

72 Gedichte, die vom tastenden Suchen über die Notierung von Beschädigungen einen Weg der Selbstvergewisserung markieren. Kein in Zeilen gehackter Katechismus. Keine beschaulichen Betrachtungen. Keine wohlfrisierten Gebete. Das Wagnis eines spirituellen Tons, der den Gesicherten nicht geistlich genug, den Verzweifelten aber gute Zumutung ist. "Was ich zu sagen habe, erinnert an einen, der im Dunkeln pfeift."

Als kryptisch, dunkel, mystisch wurden viele der hier versammelten Gedichte bezeichnet. Nach 15 Jahre langem literarischen Schweigen meldete ich mich mit diesem Gedichtband zurück.

Der Mensch ist eine Chiffre Gottes.

So ist es möglich,

aus seiner Welt den Himmel zu lesen,

Buchstaben zu sammeln für eine Antwort.


Manfred Ach
ALTE FOTOS

ISBN 3-87512-199-6, Umschlaggrafik: Wolfgang Krinninger, MaroVerlag, 1. Auflage Augsburg 1990, 84 S., EUR 9.-

"In diesem Panoptikum begegnen wir Strindberg, Kafka und Nikola Tesla, hören von der bizarren Eulenspiegelgesellschaft, von versunkenen Kontinenten und Vokalmystikern, sitzen in Wiener Heurigenschänken und nehmen an unheiligen Münchner Prozessionen teil, erschrecken vor der Kundalinischlange und dem Mesmerschen Zuber, tauchen nach Muscheln im Unterstrom und richten Beschwerdebriefe an Mr. Hyde ...

Neben philosophisch-essayistischen Texten über die Archetypik magischer Beschwörungen, über die Theologie des Drogenrauschs und die Wesensverwandtschaft von Wort und Welle stehen sturzbachartige 'Blutlitaneien', manieristische Okkulträtsel und lyrische Botschaften aus dem limbischen System ... Leitmotive ('vertraute Wiedergänger') und subliminale Einsprengsel provozieren déjà-vu-Erlebnisse. Noch dazu sollen die Texte nicht in linearer Reihenfolge, sondern nach der Bezifferung eines magischen Quadrats gelesen werden ...

Es ist ein Höllenspaß, sich in dieses Labyrinth zu begeben, aber ich will verdammt sein, wenn ich den Kopf dessen haben möchte, der es ersann ..."

(Uta Refson im Generalanzeiger für Utopia)

 

THANATOS

Als ich ihn zum ersten Mal sah, war ich noch ein Kind. Auch er hat sich seitdem sehr verändert. Damals sah ich ihn noch mit schwarzem Umhang, Degen und Dreispitz, wie er zu mir herauflächelte mit einem Gesicht aus Kalk, wenn ich oben im Fliederbaum saß und Ruten schnitt. Damals kam er nur selten und sprach kaum ein Wort. Erst später, als ich mit ihm auf dem Dachboden wilde Streiche ersann, blieb er länger. Auch hatte sein Gesicht eine frischere Farbe, seine Gesten waren lebendig und seine Sprache heftig und wortreich. Ich zählte ihn damals zu meinen besten Gefährten. In den letzten Jahren aber war er so oft und unvermutet aufgetaucht, dass ich mich von ihm belästigt fühlte. Aber ich konnte es nicht ändern. Er blieb beharrlich an meiner Seite, auch als ich mich mit ihm überwarf. Ich drohte, ich schrie, ich verfluchte ihn, aber er zeigte sich ungerührt. Seine Anwesenheit schwächte mich, ich fühlte mich seltsam erschöpft unter seinem Blick. Ich wurde krank. Ich fürchtete um mein Leben. Aber immer wieder kam er, häufiger als je zuvor, und das Gesicht voll ernster Wildheit. Er sprach nur wenig, verhalten, aber mit erschreckender Bestimmtheit. Seit einiger Zeit lässt er sich nicht mehr blicken, taucht nicht mehr auf. Das besagt jedoch nicht, dass er verschwunden ist. Erst kürzlich machte er sich wieder bemerkbar, indem er mir ein Fotoalbum in die Hände spielte. Alte Fotos, auf denen ich gut lachen hatte. Bei genauem Hinsehen kann man ihn deutlich erkennen.


Manfred Ach
FRAKTALE FABELN

ISBN 3-928114-07-7, Drei Endlos-Texte. Umschlaggrafik: Ugo Dossi, Hagen Verlag, 1. Auflage München 1995, 76 S., EUR 9.-

Auf höchst private "Passbilder" folgt eine methodisch angelegte Zeitschleife, die das Alphabet, den 24-Stunden-Takt und viele andere Ebenen - wie Mythologie, Psychopathologie und Sprachmystik - verknüpft und ein altes geometrisches Worträtsel enthüllt ("Die Quadratur des Kreuzes"). Und schließlich gibt es "Erfrischende Finsternisse": augenzwinkernde Rollenspiel-Imaginationen eines erzpoetischen Zauberlehrlings, der mit Modedrogen wie Ethnologie, Chaosmagie und Okkultromantik hantiert. Drei Endlos-Texte, die zwischen beklemmender Selbstbeobachtung, aufgedeckten Geheimnissen und scherzhafter Verkleidung changieren und mit serieller Montage und sprunghaften Einfällen den so genannten ‘Launen der Natur’ auf der Spur sind, und zwar in ihrer vielleicht komplexesten Offenbarung, der Sprache.

Beginn von "Erfrischende Finsternisse":

Am ersten Tor erwarten dich die Durchsichtigen, nahezu Unsichtbaren. Sie sind so klein, dass sie in den Luftbläschen fischloser Gewässer Platz finden, aber sie können ihre Gestalt ausdehnen, so dass sie den halben Morgenhimmel bedecken. Wenn sie dich zum Liebessklaven machen wollen, so wehre dich mit Tabak und Whisky. Saugst du aber von ihren Brüsten, wirst du ein Geistesgestörter oder Dichter und kommst in die zweite Welt.